übers Diabolo
Gedanken über das Objekt Diabolo
Die eigenartige Form des Diabolos entspringt ursprünglich etwas ganz Organischem, einer Kugel nämlich, einem Ball. Wenn man eine Kugel in der Mitte durchteilt, erhält man zwei Hälften, die, um 180° gedreht und wieder zusammengesetzt, eine Form ergeben, die an eine Sanduhr erinnert: ein Diabolo.
Man sagt in den verschiedensten Sprachen, dass ein Jongleur mit seinem Objekt „jongliert“, hingegen man mit einem Diabolo „spielt“. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Diabolo ursprünglich ein Spielzeug war, ein Gesellschaftsspiel, das von Jung und Alt gleichermaßen gespielt wurde, zunächst in China, später auch in Europa. Es ist jedoch relativ neu, dass man das Diabolo im traditionellen Zirkus oder Varieté sehen kann. Die Funktionsweise dieser Orte bringt es allerdings mit sich, dass in Nummernform gearbeitet wird und man somit meistens auf eine technische Performance limitiert ist. Sie lässt wenig Zeit und Raum für eine andere Form der Darstellung.
Hier setzen wir an, mit dem Wunsch, über diese Grenzen hinausgehen und unsere Arbeit in einen anderen Kontext zu setzen.
Einerseits versuchen wir, die Grundsätze des Theaters in unsere Nummer bzw. unsere Stücke miteinfliessen zu lassen und suchen nach einer inneren Logik - einer Dramaturgie - im Ablauf. Wir wollen auf der Bühne eine bestimmte Dichte, eine Verwebung von Mensch und Objekt schaffen, die aber nicht wie im Theater über Figuren oder eine Geschichte laufen soll. Denn dort würde man sich fragen: Wie ist diese Person und wie und warum spielt sie Diabolo? Die Figur stünde also im Vordergrund. Wir drehen dieses Prinzip einfach um, und auf einmal entstehen die Figuren wie von selbst, ohne, dass man sie vorher definiert hätte, denn sie werden im Kontext lebendig. Wir finden den Bezug zwischen Mensch und Objekt in der Bewegung und Dynamik, im Raum, Rhythmus und der Art, wie wir unsere Objekte manipulieren. Dabei erzählen wir aber keine konkrete Geschichte, es ist mehr wie im Tanz, nur das es bei uns zusätzlich noch das Diabolo gibt. Wir lassen es also zu einem Teil der Choreographie werden und schliesslich entfalten sich Bilder und Stimmungen, die den Zuschauer zu berühren vermögen.
Andererseits benützen wir das Mittel der physikalischen Analyse. Diese Art der Reflektion lässt uns andere Möglichkeiten entdecken und führt uns beispielweise zu verwandten Objekten, die ebenfalls über die Rotation funktionieren, wie z. B. ein Kreisel.
Nach der theoretischen Analyse kommt die Mechanik ins Spiel, die uns vor die Frage stellt: wie kann man so ein Diabolo bauen, das die Möglichkeit besitzt, wie ein Kreisel zu funktionieren oder wie kann man sich den Gyroskopeffekt zunutze machen?
Wir wenden uns der Praxis zu, probieren, bauen, verwerfen, entwerfen neu und entwickeln am Ende Diabolos nach unseren eigenen Vorstellungen mit ganz spezifischen Eigenschaften.
Das Ergebnis ist, dass wir weit über die ursprüngliche Art, Diabolo zu spielen, hinausgehen können. Der Raum öffnet sich, es sind uns kaum mehr Grenzen gesetzt. Durch die technischen Neuerungen ist es möglich, dass das Diabolo die verschiedenen Ebenen, den gesamten Raum um den Akteur, einnehmen kann. Das Vokabular potenzialisiert sich.